Boppstraße 64

English Version

Boppstraße 64

written by Fabian Meyer

Not far from Mainz Central Station lies Boppstraße, which leads from the Mainz Neustadt to the edge of the Old Town. In front of the house with the number 64, stumbling stones are embedded in the ground, commemorating Eugen Salomon and his Jewish family deported to Auschwitz by the Nazis in 1942. Eugen Salomon was one of the founders of the Mainz 05 football club in 1905.

Since the mid-1990s, the artist Gunter Demnig has embedded brass plaques in the pavement, mostly at the residences of people persecuted by the Nazis, to commemorate the victims of the Nazi dictatorship, to remind of their persecution history, and to make their fate visible.

According to Jan Niko Kirschbaum, stumbling stones can be interpreted as symbols of remembrance, helping to “[...] address and interpret the past of a society.” These symbols of remembrance tell, warn, remind, and provide explanatory patterns for what has happened. For Kirschbaum, they are thus a means of political and social engagement with present and past; their care and use serve as a symbolic expression of a particular interpretation of historical events or individuals.

The Duck family, members of FC Duck Baghdad, also perform a symbolic act as part of a lived culture of remembrance twice a year on Boppstraße by meeting in front of the Salomon family’s residence and polishing the stumbling stones for Eugen Salomon and his relatives Alice and Alfred to a high gloss. Floral arrangements are laid down, and a minute of silence is held, for the Salomon family and on behalf of all victims of National Socialism. “For me, it’s new that our club management shows us something like this. Who, for example, lived here in Mainz back then. Famous people. That we are always involved,” explains youth coach Basayef, who came to Germany from Syria in 2016, describing the role of his club, which opens up new perspectives for him and other members of the Duck family and once again illustrates the values for which FC Duck Baghdad stands and the societal causes it supports. The Ducks are usually supported by a representative from the board of 1.FSV Mainz 05, such as Cäcilia Alsfasser in March 2022.

That recurring activity in the Mainz Neustadt symbolizes the lived culture of remembrance within the Duck Baghdad club. This extends even further: since 2017, the Duck family has been participating in the Mainz Memorial Weeks around the Day of Remembrance in German Football, the day on which the Auschwitz concentration camp was liberated by the Red Army in 1945. Together with partners such as Mainz 05 and the state capital Mainz, FC Duck Baghdad organizes a rich program year after year, inviting the citizens of Mainz to actively engage with the atrocities of the Nazis and commemorate their victims. “It’s about diversity, about the fight against racism,” succinctly summarizes Basayef, the club’s values.

For actions such as cleaning the stumbling stones and numerous projects to combat anti-Semitism, racism, and anti-Gypsyism, the Duck Baghdad club has been honored with numerous awards and accolades, such as the Sterne des Sports Prize, the Obermayer Award 2023, and the German Football Association’s Integration Prize in 2017.

Boppstraße 64

Text von Fabian Meyer

Unweit des Mainzer Hauptbahnhofs liegt die Boppstraße, die aus der Mainzer Neustadt kommend bis an den Rand der Altstadt führt. Vor dem Haus mit der Nummer 64 sind Stolpersteine in den Boden eingelassen, die an den 1942 von den Nationalsozialisten nach Auschwitz deportierten Juden Eugen Salomon und dessen Familie erinnern. Eugen Salomon war im Jahr 1905 einer der Gründer des Fußballvereins Mainz 05.

Seit Mitte der 1990er-Jahre verankert der Künstler Gunter Demnig Zeichen aus Messing im Straßenpflaster, zumeist an den Wohnorten von durch die Nationalsozialisten verfolgten Menschen, um der Opfer der NS-Diktatur zu gedenken, an die Geschichte ihrer Verfolgung zu erinnern und ihr Schicksal sichtbar zu machen.

Nach Jan Niko Kirschbaum können Stolpersteine als Erinnerungszeichen gelesen werden, die dabei helfen, „[...] die Vergangenheit einer Gesellschaft zu thematisieren und zu interpretieren:“ Diese Erinnerungszeichen erzählen, mahnen, erinnern und geben Erklärungsmuster für das Geschehene. Für Kirschbaum sind sie somit ein Mittel der politisch-gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Gegenwart und Vergangenheit; ihre Pflege und Nutzung dient dem symbolischen Ausdruck einer bestimmten Interpretation historischer Ereignisse oder Personen.

Eine ebensolche symbolische Handlung als Teil einer gelebten Erinnerungskultur vollzieht die Enten-Familie, also Mitglieder des FC Ente Bagdad, zwei Mal jährlich in der Boppstraße, indem sie sich vor dem Wohnhaus der Familie Salomon treffen und die Stolpersteine für Eugen Salomon und seiner Angehörigen Alice und Alfred wieder auf Hochglanz bringen. Blumengebinde werden niedergelegt und eine Schweigeminute abgehalten, für die Familie Salomon und stellvertretend für alle Opfer des Nationalsozialismus. „Für mich ist es natürlich neu, dass unser Vereinsvorstand uns so etwas zeigt. Wer damals zum Beispiel hier gelebt hat in Mainz. Berühmte Personen. Dass wir immer dabei sind“, erklärt Jugendtrainer Basayef, der 2016 aus Syrien nach Deutschland kam, die Rolle seines Vereins, die ihm und anderen Mitgliedern der Enten-Familie neue Perspektiven eröffnet und einmal mehr verdeutlicht, für welche Werte der FC Ente Bagdad steht und wofür man sich gesellschaftlich einsetzt.
Unterstützt werden die Enten in der Regel von einer Person aus dem Vorstand des 1.FSV Mainz 05, im März 2022 beispielsweise von Cäcilia Alsfasser.

Jene wiederkehrende Tätigkeit in der Mainzer Neustadt steht sinnbildlich für die gelebte Erinnerungskultur innerhalb des Vereins Ente Bagdad. Diese reicht jedoch noch weiter: So beteiligt sich die Enten-Familie seit 2017 an den Mainzer Erinnerungswochen rund um den Erinnerungstag im deutschen Fußball, jenem Tag also, an dem im Jahr 1945 das Konzentrationslager in Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde. Zusammen mit Kooperationspartner*innen – unter anderem Mainz 05 und der Landeshauptstadt Mainz – stellt der FC Ente Bagdad Jahr für Jahr ein reiches Programm auf die Beine, dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Mainz dazu einlädt, sich aktiv mit den Gräueltaten der National- sozialisten auseinaderzusetzen und deren Opfer zu gedenken. „Es geht hier um Vielfalt, um den Kampf gegen Rassismus“, bringt Basayef die Werte des Vereins noch einmal prägnant auf den Punkt.

Für Aktionen, wie das Putzen der Stolpersteine und die zahlreichen Projekte zur Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und Antiziganismus, wurde der Verein Ente Bagdad bereits mit etlichen Preisen und Auszeichnungen geehrt, wie beispielsweise dem Sterne des Sports Preis, dem Obermayer Award 2023 oder 2017 dem Integrationspreis des Deutschen Fußballbundes.